Von einer mutmaßlichen Einwilligung in die Verletzung eines Rechtsgutes geht man aus, wenn eine tatsächliche Einwilligung fehlt, das Handeln aber im Interesse des Betroffenen ist oder der Betroffene an der Verhinderung des Eingriffs kein Interesse hat (Prinzip des mangelnden Interesses).
Das Handeln im Interesse des Betroffenen spielt vor allem im Arztrecht eine Rolle, wenn ohne sofortiges Handeln Gefahren für die Gesundheit drohen. Entscheidend ist in diesen Fällen, wie der Betroffene zum Tatzeitpunkt wahrscheinlich selbst entschieden hätte. Dabei sind die individuellen Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen des Betroffenen zu berücksichtigen. Gibt es keine gegenteiligen Hinweise, ist davon auszugehen, dass der Betroffene, das objektiv Vernünftige wollen würde. Unerheblich ist es, wenn sich hinterher herausstellt, dass der Betroffene anders entschieden hätte.
Bei dem Prinzip des mangelnde Interesses findet ein Eingriff in die Rechtsgüter des Betroffenen statt. Der Betroffene hat aber unter Berücksichtigung seiner individuellen Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen mutmasslich kein schutzwürdiges Erhaltungsinteresse.
Beispiel: Die Reinigungskraft M nimmt ohne Wissen der Wohnungsinhaberin Kleingeld im Wert von 5,- Euro aus der offen Haushaltskasse und legt dafür einen fünf Euro Schein hinein.